«Can you handle you dog – yes or no?»
– Dave Rayner
Come to Wales
United Kingdom
9.-15. Oktober 2012
Shooting Day
Vorsichtig schlichen wir durch den dicht bewachsenen Wald, Schritt für Schritt durch hohen Bewuchs und Gestrüpp – bei voller Konzentration, immer links und rechts schauend, dass wir mit der Linie mithielten. Dies sei sehr wichtig meinte der traditionell englisch gekleidete ‘Gamekeeper’ bei der Begrüssung, nach ‘Tea and Coffee’, als er uns Instruktionen gab: “Make sure, that you never leave the line! It’s too dangerous. And if you have to leave, just shout, that you’re going forward”. Ich hoffte nicht schreien zu müssen und liess Julia an lockerer Leine, dicht am Fuss bei mir laufen. Sie war etwas aufgeregt, aber nicht mehr als sonst beim Training und verhielt sich ruhig. Sie ahnte vermutlich auch noch nicht, was gleich geschehen würde. Schliesslich standen wir mitten in unserem ersten, lang ersehnten ‘Shoot’, gut 1’200 km von zu Hause im Südwesten England’s an der Grenze zu Wales. Vor uns raschelte es, die Spaniels stöberten durch’s Dickicht. “Hold on” rief der ‘Gamekeeper’, dann war Ruhe. Weit hinten hörte man die Fasane gackern, Julia lauschte genau. Gesehen hatten wir schon einige Fasane auf den Feldern, als wir hinten auf der Ladefläche eines Pickup’s über die holprigen Feldwege fuhren – aber hier im Wald schienen sie sich gut verstecken zu können. Der ‘Gamekeeper’ funkte über sein Headset mit den Männern aussen an den Flügeln der ‘Line’. Dann kam das Zeichen zum Weiterlaufen. Die Spannung stieg, aber nichts geschah. Wir kamen aus dem Wald auf einen Weg, das erste Treiben war vorbei. Die Linie wurde neu formiert und es ging weiter durch ein weiteres Waldstück. Wieder hörte man die Fasane gackern. Und plötzlich flog der erste auf und zwei laute Flintenschüsse hallten durch den Wald. “Bird down” rief der Schütze und der erste Hund wurde geschickt. Julia war so wach wie noch nie. Sie schaute ganz genau und ich musste mir Mühe geben, dass sie ruhig blieb – back to basics! ;o) Dann fielen noch ein paar wenige weitere Schüsse am anderen Ende der ‘Line’ und kurz darauf war auch dieses Treiben zu Ende, ohne dass viele Fasane geschossen wurden.
Dann stellten wir uns erneut in einer Linie auf einem Ackerfeld auf. Der rechte Flügel ging im Wald, der linke auf dem Feld, ein Teil davon im Maisfeld – wir waren ausserhalb ganz links. Dann ging es plötzlich schnell und die ersten Fasane flogen auf. Mehrere Schüsse fielen und Fasane gingen im Maisfeld nieder, die dann auch von den Hunden im Maisfeld gearbeitet wurden. Kurz darauf fielen erneut Schüsse und zwei Fasane fielen ausserhalb des Maisfeldes vor uns zu Boden. Der ersten Hund neben uns wurde geschickt, nahm den Vogel aber nicht auf, da er noch flatterte. Dann waren wir an der Reihe. Julia liess sich nicht zweimal bitten und zischte davon, nur knapp nachdem ich sie schickte. ;o) Sie rannte zum Fasan, packte ihn und apportierte einwandfrei. Ich verstaute den Vogel in meiner Tasche und es ging weiter. Etwas später konnte ich Julia ein weiteres Mal schicken. Als sie aber beim Fasan ankam, stellte sich raus, dass der Vogel noch lebte, wegrannte und in einer dichten Dornenhecke verschwand. Julia hatte keine Chance und verstand die Welt nicht mehr – ist ihr im Training doch noch nie ein Dummy davongelaufen. ;o) Ich musste schmunzeln. Die Spaniels kamen auch nicht durch die Hecke, der Vogel war verloren und auch dieses Treiben zu Ende. Ich legte Julia nochmals den einen Fasan aus, damit sie ihn nochmals schön apportieren konnte und Erfolg hatte.
Nach einer kurzen ‘Teatime’ fuhren wir zu einem anderen Revier. Die ‘Line’ ging einer Hecke entlang, rechter Flügel auf der rechten Seite, wir im linken Flügel auf der linken Seite. Wir gingen über Feld, Wiese und Acker – das Gelände war genial und die Sonne stand schon etwas tief. Wieder ging es lange bis der erste Schuss fiel – ein Runner, der dem einen Spaniel entkam. Dann fielen Schüsse auf der anderen Seite und Dave Rayner, der zusammen mit seiner Frau Lex den ‘Shoot’ für uns organisierte (www.woodashgundogs.co.uk), fragte mich: “Can you handle your dog?” Mir fiel spontan nichts besseres ein als: “Yes sometimes, I don’t know…?” – “Yes or no?” – “Yes I try” – “Okay good!” Ich soll näher zur Hecke kommen, meinen Hund durch die Hecke schicken, ihn da stoppen und dann von da links rüber schicken. Nichts leichter als das…. ;o) Man muss vielleicht noch erwähnen, dass in der Hecke ein Bach floss und Julia so ziemlich weit springen musste. Das Bord war dicht bewachsen, so dass sie nicht sehen konnte, wo hinein sie springt. Doch sie sprang! Drüben konnte ich sie stoppen und links rüber schicken. Das ‘Handling’ war aber schwierig, da die Hecke so dicht war, dass man kaum rübersah bzw. vom Hund kaum gesehen wurde. Die anderen auf der anderen Seite halfen mir aber. Ich stoppte sie nochmals und schickte sie nochmals weiter nach hinten. Dann bekam sie Witterung, fand den Fasan und kam zum Bachufer zurück. Sie traute sich nicht mit dem schweren Vogel über den Bach zu springen so dass ich sie dazu motivieren musste. Dann sprang sie, verlor aber etwas unglücklich den Vogel, der in den Bach fiel. Ich musste sie also, die steile Böschung hinab schicken in’s Wasser. Das gelang mir dann auch und als sie den Vogel hatte, konnte ich sie hinaufziehen. “Really nice retrieve” meinten die anderen. ;o) Es ging weiter, die Spaniel hüpften vor uns durch’s hohe Gras und ich konnte mit Julia Fussarbeit trainieren. Julia dachte zeitweise, sie sei auch ein Spaniel, sprang aber nie ein. ;o) Dann fiel noch eine Markierung auf unserer Seite. Julia prägte sich den Vogel so gut ein, dass sie noch ein paar Mal genau zu dieser Stelle schaute, nachdem der Vogel schon lange von einem Spaniel apportiert wurde. Kurz darauf hin wurde das Treiben abgeblasen.
Wir standen insgesamt etwa 5-6 Stunden in der ‘Line’ und Julia war die ganze Zeit höchst konzentriert und hätte am liebsten noch weiter gemacht. Es war ein einzigartiges Erlebnis für uns beide. Für mich war es schön, Julia in ihrem Element zu sehen und ihre guten Anlagen zu erkennen. Es war auch toll den Zusammenhang zwischen Training und solch realen Jagdsituationen zu begreifen – für Hund und ‘Handler’. Unverzichtbar dabei sind die Basics, denn ohne Basics wird der Hund nicht mehr ‘handlebar’ und in solchen Situationen ist das dann einfach nur gefährlich.
Ich freute mich über die Worte des ‘Gamekeeper’s’ beim Verabschieden: “That was an excellent retrieve. Your dog was jumping over the water without seeing anything – like one of our damn bloody good flatcoats! Hope to see you again!” :o)
Auf der Rückfahrt ging es keine 5 Minuten bis Julia einschlief und von vermutlich noch vielen Vögeln träumte, die vom Himmel fielen – man konnte sie träumen hören. Ein wunderbarer – für beide sehr erfahrungsreiche – Tag nahm sein Ende. Die lange Reise hatte sich gelohnt…
Walk-up Training mit den Bettinson’s
Während drei Tagen konnten wir mit Mark und Jamie Bettinson im walisischen Gelligaer trainieren. Das Gelände war sagenhaft, besonders gefallen hat mir der Trainingstag im Moor, auch wenn wir anschliessend einige Autos da wieder raus stossen und ziehen mussten. ;o)
Gearbeitet wurde aus einer ‘Line’ mit zwei Flügeln. Es gab ‘Marks’, ’Doublemarks’, ’Memories’ vorne und hinten, ‘Rabbit-Shots’, die quer vom einen Flügel zum anderen gearbeitet wurden, wie auch ‘Blinds’ und ‘Searches’ an den Geländeecken. Wir lernten die Linie zu halten, achteten auf die ‘Steadyness’, dass wir immer einen Schritt aus der ‘Line’ gehen und hinter der ‘Line’ durchgehen. Wir mussten genau markieren und die Hunde im Bereich halten. Fand der Hund nach einiger Zeit nicht, wurde er zurückgerufen und der nächste zum ‘eye-wipe’ geschickt. Das ‘Lining’ war wichtig und dass man den Wind beachtete und sich den zu Nütze machte, “use the wind”!
Die Bettinson’s sind im Training genau, konsequent und haben ein sehr gutes Timing. Das Training war toll und Julia konnte als einziger Flatcoat sehr gut mit den “Pro-Labradore” mithalten. Wir nehmen frische Ideen und schöne Erinnerungen mit nach Hause.
Herzlichen Dank an Steve und Jérémie von ‘Gundog Challenge’ (www.gundogchallenge.ch) für die Organisation und wir hoffen, dass wir wieder mal mitkönnen auf so einen Abenteuertrip.
[17. Oktober 2012, Sven Bosshard]