– Julia: 4th place in Work&Show combination (best female flatcoated retriever) –
Silvaplana ’17
Haguenau/France ’17
FCR-Trophy Work & Show
Harburg/Germany
9.-10. September 2017
Dieses Wochenende fuhren wir nach Deutschland zur ‹Flatcoated Retriever Trophy›, eine ‹Work&Show› nur für Flatcoated Retriever – und davon kamen fast 100 zusammen. Der Anlass war sehr gut organisiert, nur das Wetter zeigte sich nicht so von der Sonnenseite.
Work
Zuerst startete ich mit Johanna in der Anfängerklasse. Wir konnten die Aufgaben gut lösen. Da die meisten ‹Retrieves› aber wieder eher kurz waren, schoss Johanna über so manche hinaus und wir verloren Punkte. Es reichte für den sehr guten 13. Platz bei 87/100 Punkten. Als ich damals mit Julia in der Anfängerklasse startete, da habe ich die Aufgaben etwas anspruchsvoller in Erinnerung und so schneidet Johanna nicht so super ab, wie es sein könnte. Aber trotzdem nehme ich den einen oder anderen Input mit für’s weitere Basics-Training. Julia startete in der ‹Open› super spritzig. Leider hatte sie bei der zweitletzten Aufgabe das ‹Memory› verloren und brauchte lange bis sie es fand; der Richter nahm uns 10 Punkte. Die Aufgaben waren bisschen zu wenig «knackig», als das Julia hätte herausstechen können. Sie erreichte den sehr guten 4. Platz mit 81/100 Punkten.
Show
Am Morgen führte Luana Johanna in der Zwischenklasse. Die beiden sind ein super Show-Team und Luana erreichte mit Johanna den vorzüglichen 2. Platz mit RCAC und einem sehr schönen Richterbericht! Am Nachmittag sprang Olivia ein und zeigte Julia in der ziemlich grossen und starken Gebrauchshundeklasse. Sie wurde zwar nicht platziert, aber erhielt ein ‹vorzüglich›. In der Gesamtwertung ‹Work&Show› konnte Julia so von den fast 100 Hunden den 4. Platz erreichen und war die beste Hündin (leider wurde dafür keine Trophy verliehen). Johanna wurde in der Gesamtwertung auf Platz 12 rangiert.
Es war ein sehr nettes Wochenende zusammen mit Nicole und Luana. Aber ich habe auch einiges erlebt, was mich bewegt hat, über folgende Themen zu schreiben:
Zirkusaufgaben an Workingtests
Ich mochte Zirkus noch nie so wirklich, auch als Kind nicht, denn irgendwie fehlte mir schon da der Bezug zum richtigen Leben, zu abstrakt, zu gekünstelt. Und genau dieser Bezug gefällt mir so an der Retrieverarbeit; der Bezug zur Jagd, zum ‹Field Trial›, wofür unsere Retriever gezüchtet wurden und wobei sie ihre Anlagen zeigen können. Ich habe nichts gegen «knackige» Aufgaben – im Gegenteil, ich nehme solche Herausforderungen immer gerne an und freue mich, wenn ich anspruchsvolle Aufgaben mit meinem ‹Flatcoat› lösen kann. So habe ich in Italien zum Beispiel schon sehr weit entfernte ‹Blinds› reingeholt, nachdem es in einem engen Winkel davor ein grosses Treiben gab. Oft geht das auch nicht ohne zu ‹handeln› und man kann zeigen wie gut man seinen Hund unter Kontrolle hat oder mit welcher Strategie man die Aufgabe löst. Oder am Internationalen Workingtest haben wir auch um das eine oder andere Dummy erfolgreich gekämpft – alles okay so lange es Sinn macht und man der nachgestellte Situation an einem ‹Field Trial› tatsächlich mal begegnen könnte. Aber irgendwo hat es Grenzen und sowas wie an diesem Wochenende am Workingtest der ‹FCR-Trophy› in Deutschland hatte ich bisher noch nie erlebt, als ich mit Julia in der ‹Open› gestartet bin. Nach drei guten Aufgaben bei den Richtern aus England und Guy Matter erklärte uns der deutsche Richter, sichtbar stolz vor versammelter Teilnehmerrunde, was uns bei seiner Aufgabe erwarten würde: Eine ‹Markierung› rechts auf welche man den Hund auch gleich schickt; auf halber Strecke ruft der Helfer rechts «Runner» und schiesst; das sei das Zeichen um den Hund zu stoppen und auf’s ‹Blind› bzw. den ‹Runner› zu schicken. Danach konnte man den Hund erneut ansetzen für die ‹Markierung› bzw. das ‹Memory›. Ich wusste zuerst nicht, ob ich jetzt laut herauslachen oder kopfschüttelnd davon laufen sollte. Ich entschied mich für eine diplomatische Kombination: Lächeln und leichtes Kopfschütteln, was einige mit mir teilten als ich in die Runde blickte. Einige bestätigten mir: «Eindeutig Zirkusaufgabe!» Andere meinten nur: «Vermutlich will er sehen, ob man den Hund handeln kann?» Das kann gut sein, aber das geht auch anders! Die spezielle Aufgabenstellung wurde dann damit begründet, dass das eben eine jagdliche Situation ist, was mich am meisten störte. An einem ‹Field Trial› – und ich hab nun doch schon an einigen teilgenommen – will man, dass der Hund den Vogel holt, auf den man ihn geschickt hat. Wenn er einen Vogel aufmacht und der dann geschossen, will man eben genau nicht, dass er diesen verfolgt, sondern ungeachtet davon den Vogel holt, auf den er geschickt wurde. Den ‹Runner› kann dann immer noch der zweite Hund holen. Auch geht man sonst das Risiko ein, dass der Hund die ‹Markierung› verliert, was genau bei Julia passierte. Sie liess sich problemlos von der Linie abbringen und auf das ‹Blind› schicken, aber sie hatte danach Mühe das ‹Memory› zu finden. Weiter hat es noch nie gut funktioniert einen ‹Runner› mit einem Dummy zu simulieren. Auffallend war, dass die nächste Aufgabe auch sehr fraglich war und dies ebenfalls bei einer deutschen Richterin: Nachdem man ein langes ‹Blind› gearbeitet hatte, musste man den Hund wieder in die selbe Richtung schicken, dann stoppen und 90° nach links schicken zu einem zweiten ‹Blind›. Auf das zweite ‹Blind› hätte man den Hund aber problemlos direkt schicken können! Für mich war das total sinnlos und ich habe mich gefragt, was die Richterin gemacht hätte, wenn ich den Hund direkt geschickt hätte. Punkte abziehen, für dass ich das ‹Blind› auf dem schnellstmöglichen Weg reingeholt habe? Bedenklich finde ich dann die Erklärungen dazu, dass das eben auf der Jagd vorkommen könne, denn das gibt ein total falsches Bild, gerade auch für die, welche ihren Hund nicht auf der Jagd oder an ‹Field Trials› führen. Führt man die Hunde so sportlich, dann trainiert man ihre Retrieverqualitäten garantiert erfolgreich weg. Ich bevorzuge es, mich am Urspungsland der Retrieverarbeit zu orientieren, wo man doch immer wieder hört: «Keep it simple!» Kreativ kann man auch sein, indem man das Gelände nutzt und da kommt man mit den Standardkomponenten ‹Mark›, ‹Memory›, ‹Blind›, ‹Walk-up› und ‹Drive› sehr gut aus – so wie sie in den UK an Workingtests immer abgefragt werden. Auch sind es dann die Richter, die es nicht verstehen, wenn man den jungen Hund bei einer schwierigen Aufgabe mit einem kurzen Suchenpfiff bestätigt, wenn er im Bereich ist, damit er da bleibt und das Dummy schnell findet. Für jeden Pfiff, jede kleine Hilfestellung geht ganz strukturiert ein Punkt weg, während man bei den englischen Richtern ein Kompliment bekommt: «Go for the 19!» …und wenn’s gut passt, bekommst du auch 20 Punkte. Ich denke es sind verschiedene Arten zu richten, aber mir gefällt die deutlich besser, wo man versucht den Hund mit seinem Hundeführer in eine Situation zu bringen, wo sie schöne Retrieverarbeit zeigen können, als die, bei welchen man versucht, ihnen eine Falle zu stellen. Schliesslich sind Richter auch mitverantwortlich, wie trainiert wird und welche Qualitäten erhalten bleiben, welche nicht.
Gebrauchshundeklasse an Retrieverausstellungen
An der Show der ‹FCR-Trophy› hatte ich Julia in der Gebrauchshundeklasse gemeldet und war etwas erstaunt, dass sie sich da mit 8 weiteren Flatcoated-Hündinnen messen musste. Einen Blick in den Ausstellerkatalog ergab Klarheit: Fast alle Hündinnen mussten lediglich einen Jugendprüfung bestehen, um in dieser Klasse starten zu können. Aber ist das die Idee der Gebrauchshundeklasse, dass da Hunde sehr gut abschneiden, die vielleicht nur einmal in ihrem ganzen Leben ein Stück Kaltwild apportiert haben? Julia war vermutlich eine der ganz wenigen, die jeweils erfolgreich an einem ‹Field Trial› gestartet sind. Ist ja nur eine Show, könnte man meinen. Das Problem: Diese Hunde werden dann in der Zucht bevorzugt oder gar als Arbeitshunde angepriesen, obwohl sie vielleicht nicht die nötigen Anlagen mitbringen, welche es braucht, um in einer richtigen Jagdsituation oder einem ‹Field Trial› zu bestehen – das was man doch eigentlich erwartet von einem Arbeitshund. Ich mag den ‹Dual-Purpose› Gedanken sehr bei den Flatcoated Retrievern, aber umso wichtiger ist es, dass auch beide Qualitäten gleichermassen vertreten sind, denn sonst wird es immer schwieriger einen geeigneten Flatcoated Retriever zu finden, mit dem man auch nur eine kleine Chance hat, beim aktuell sehr hohen Level an ‹Field Trials› mithalten zu können. Da liegt doch eine grosse Verantwortung bei den Züchtern, Deckrüdenbesitzer, aber auch bei den Rassenclubs, welche über die Gebrauchshundeklasse bestimmen. Dabei bin ich der Meinung, man sollte die Züchter und Hundeführer – insbesondere von Flatcoated Retrievern – nicht dazu motivieren, mit weniger mehr zu erreichen, sondern mit mehr besser zu werden – und dabei eine angemessene Objektivität zu behalten.
[11. September 2017, Sven Bosshard]